Rezensionen · Thriller/Krimis

Rezension „Die ewigen Toten“ von Simon Beckett ★★★★★

David Hunter is back und das besser wie schon lange nicht mehr

David Hunter and the abandoned Hospital

Im 6. Teil der Bestsellerreihe um David Hunter ermittelt der forensische Anthropologe in einem verlassenen Krankenhaus mit schreckensreicher Vergangenheit.
Nur Fledermäuse verirren sich noch nach St. Jude. Das Krankenhaus im Norden Londons, seit Jahren stillgelegt, soll in Kürze abgerissen werden. Doch dann wird auf dem staubigen Dachboden eine Leiche gefunden, eingewickelt in eine Plastikhülle. Die Tote, das sieht David Hunter sofort, liegt schon seit langer Zeit hier. Durch das trockene und stickige Klima ist der Körper teilweise mumifiziert.
Als beim Versuch, die Leiche zu bergen, der Boden des baufälligen Gebäudes einbricht, entdeckt der forensische Anthropologe ein fensterloses Krankenzimmer, das nicht auf den Plänen verzeichnet ist. Warum wusste niemand von der Existenz dieses Raumes? Und warum wurde der Eingang zugemauert, obwohl dort nach wie vor Krankenbetten stehen? Betten, in denen noch jemand liegt… (Klappentext)

© Pink Anemone

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„Es herrschte allgemein der Eindruck, dass die Suche sich dem Ende zuneigte, dass das St. Jude keine weiteren Überraschungen mehr bereithielt. Ich hätte es besser wissen sollen.“
(S. 287)

Dies ist der 6. Teil der Hunter-Reihe und im Grunde ist jeder Band in sich abgeschlossen und kann daher eigenständig gelesen werden. Als Reihen-Junkie möchte ich jedoch die Empfehlung abgeben, diese Serie der Reihe nach zu lesen, um in den vollständigen Genuss von David Hunter zu kommen. Immerhin schweift der Autor doch hin und wieder in die Vergangenheit und gibt einen Einblick in frühere Fälle. Man kann dann so manche Zusammenhänge besser verstehen.

David Hunter ist ein forensischer Anthropologe und eher ein stiller Typ, der mit beiden Beinen fest im Leben steht. Manchmal scheint es als könne er mit den Toten besser umgehen als mit den Lebenden, aber hin und wieder blitzt sein von Sarkasmus geprägter schwarzer Humor auf – Engländer eben. Meistens versucht er Konfrontationen aus dem Weg zu gehen und entgleisende Situationen mit Worten zu entschärfen. Man sollte ihn jedoch nicht zu sehr reizen. Er ist einfach eine coole Socke und natürlich einer der besten in seinem Fach.

© Pink Anemone

Dieses Mal führt ihn ein Fall in ein altes leerstehendes Krankenhaus im Norden Londons. Normalerweise treiben sich nur noch Junkies und Obdachlose im St. Judes herum, diesmal wurde jedoch kein Besoffener oder zugedröhnter Drogenabhängiger gefunden, sondern eine Leiche. Die scheint schon länger auf dem Dachboden zu liegen, denn sie ist bereits mumifiziert. Doch diese Mumie bleibt nicht die einzige Leiche. Als der morsche Boden nachgibt, werden im Raum darunter weitere Leichen entdeckt und diese sehen auch nicht mehr allzu frisch aus. Was jedoch den Ermittlern und auch David Hunter die Gänsehaut auffahren lässt ist, dass diese beiden Leichen augenscheinlich lebendig eingemauert wurden.
Was ging in diesem Krankenhaus vor sich und was erwartet sie noch in diesen dunklen Gängen? David Hunter macht seinem Namen wieder einmal alle Ehre, denn für ihn bedeutet es nur eins – Die Jagd ist eröffnet.

Ich bin ja immer auf der Suche nach Büchern aus dem Genre Thriller und Horror mit Krankenhaus- oder Psychiatrie-Setting. Bezüglich Horrorromane gibt es leider nicht viel und noch weniger Gutes auf dem Buchmarkt. Im Genre Thriller hingegen findet man schon das ein oder andere Schmankerl und dieses Buch steht hierbei ganz oben auf der „Best-of“-Liste.

„Das T-Shirt war hochgezogen und unter der Brust gerafft, sodass der Bauch frei lag. Oder was davon übrig war. Die Bauchhöhle war von unterhalb der Rippen bis zum Schambein aufgerissen. Die inneren Organe waren so geschrumpft und zersetzt, dass sie nicht zu erkennen waren.“
(S. 31)

Simon Beckett hat die Gabe eine wunderbar unheimliche Atmosphäre zu schaffen, mit den richtigen Worten beim Lesen Bilder im Kopf entstehen zu lassen und dies vor allem die Settings betreffend. Egal ob weitläufige Heide oder kaltes und verregnetes Sumpfland, wie z.B. in den vorherigen Bänden der Hunter-Reihe, man fühlt sich jedes Mal in dieses Setting regelrecht hineingepflanzt. So natürlich auch hier.
Man sah die staubigen und zum Teil verfallenen dunklen Gänge des verlassenen Krankenhauses vor sich, riecht den abgestandenen Moder und fühlt vor allem diese bedrückende und auch unheimliche Atmosphäre eines alten Spitals, welches noch aus der viktorianischen Ära stammt.
Während David Hunter dieses verfallene Krankenhaus nach kurzer Zeit überhaupt nicht mehr betreten möchte, wollte ich am liebsten gar nicht mehr raus.

„Offene Türen lenkten den Blick in düstere Räume, leer bis auf einen umgefallenen Stuhl hier oder einen kaputten Tisch da. Wenn dies je ein Ort der Genesung und Heilung gewesen sein sollte, war davon nichts mehr zu spüren. Jetzt lag Verzweiflung über allem.“
(S. 83)

Doch nicht nur die Atmosphäre ist ein Highlight, sondern natürlich auch die Story selbst. Spannend von Anfang bis Ende und die vielen überraschenden Wendungen sind bei Simon Beckett ebenso legendär wie das Erschaffen eines atmosphärischen Settings. Langeweile sucht man hier vergebens.

© Pink Anemone

Auch die Charaktere, wie üblich, authentisch, ausgefeilt und facettenreich gezeichnet und nicht jeder wird überleben und nicht jeder ist einem sympathisch. Dies alles wird durch einen flüssigen Schreib- und packenden Erzähl-Stil ergänzt und wurde so zu einem Page-Turner der Extraklasse, der einem wieder auf spannende Weise in die Welt des beliebtesten forensischen Anthropologen David Hunter entführt.
Nur das Ende war mir dann doch etwas too much was den Verlauf des privaten Bereichs von David Hunter betrifft. Das ist jedoch Meckern auf hohem Niveau.

„Hexanal, ein Gas, das in den frühen wie den späteren Verwesungsstufen auftritt, ähnelt frisch gemähtem Gras, und Butanol durftet nach herbstlichen Blättern. Der Geruch von Verwesung kann all diese Noten enthalten, er ist komplex wie edler Wein. Und da der Tod voller Überraschungen ist, kann er sich mitunter auch auf ganz andere Weise ankündigen.“
(S. 8)

Fazit:
Nach jahrelanger Hunter-Abstinenz ist Simon Beckett mit diesem Band zurückgekehrt und das besser wie schon lange nicht mehr. Möglich das meine Begeisterung durch mein Faible für unheimliche Krankenhäuser etwas beeinflusst wurde, doch dieser 6. Teil zählt zu einem der besten. Ich habe dieses Buch regelrecht inhaliert und daher war regelmässig ein „Ohhh“ und „Ahhh“ von mir zu hören.
Simon Beckett dürfte zu seiner alten Form zurückgefunden haben und nun hoffe ich, dass ncoh einige Bände folgen werden. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

© Pink Anemone

© Pink Anemone

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Leseprobe

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Reihenfolge
  1. „Die Chemie des Todes“ (2006)
  2. „Kalte Asche“ (2007)
  3. „Leichenblässe“ (2009)
  4. „Verwesung“ (2012)
  5. „Totenfang“ (2016)
  6. „Die ewigen Toten“ (2019)

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Weitere Bloggermeinungen
Von Janna rezensiert

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Hörbuch-Rezension

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Studiere nicht dein Leben

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Weitere Buchinformationen

 

  • Gebundene Ausgabe: 480 Seiten
  • Verlag: Wunderlich; Auflage: 1. (12. Februar 2019)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3805250029
  • ISBN-13: 978-3805250023
  • Originaltitel: „The Scent of Death“
  • Preis: 22,95€ (Stand vom 14.05.2019)
  • Auch erhältlich als: E-Book, HB, Audio-CD und TB (ab Dez. 2019)
© Pink Anemone

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Autoren-Info
Bildquelle: Amazon

Die Chemie des Thrillers: Simon Beckett zählt zu den weltweit erfolgreichen britischen Kriminalautoren. Geboren und aufgewachsen ist Beckett in Sheffield in England, in einer Stadt, die zur damaligen Zeit von der Stahlindustrie geprägt war. Viele Jahre lang arbeitete er als freier Journalist. Bei seinen Recherchen begleitete er unter anderem Polizeieinheiten bei Razzien. Der Besuch der „Body Farm“ in Tennessee, eines Freiluftlabors, welches der Erforschung postmortaler Veränderungen dient, inspirierte Beckett zu seiner Krimi-Serie um den Forensiker David Hunter. Diese in 29 Sprachen übersetzte, millionenfach verkaufte Serie entwickelte sich zu einem durchschlagenden Erfolg. Alle Bücher der Reihe „The Chemistry of Death“ von 2006 (deutsch „Die Chemie des Todes“, 2006), „Written in Bone“ von 2007 (deutsch „Kalte Asche“, 2007), „Whispers of the Dead“ von 2009 (deutsch „Leichenblässe“, 2009), „The Calling of the Grave“ von 2010 (deutsch „Verwesung“, 2011) und „The Restless Dead“ von 2016 (deutsch „Totenfang“, 2016) eroberten die Spitze der Bestseller-Listen. Zu den weiteren erfolgreichen Romanen Becketts außerhalb der Hunter-Reihe gehören „Animals“ von 1995 (deutsch „Tiere“, 2011) und „Stone Bruises“ von 2014 (deutsch „Der Hof“, 2014). Simon Beckett lebt mit seiner Frau in seiner Heimatstadt Sheffield (Quelle: Lovelybooks)

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10 Antworten auf „Rezension „Die ewigen Toten“ von Simon Beckett ★★★★★

  1. Hallöchen

    Das klingt ja wieder interessant.
    Ich hatte die Reihe bis zum 4. Teil gelesen, welcher mir am wenigsten gefiel.
    Mein Lieblingsteil war der 2. Teil, der 1. war auch gut.
    Ich glaube, nachdem ich jetzt jahrelang keinen Hunter-Roman mehr gelesen habe, hätte ich mal wieder Lust darauf.
    Dank Dir! 😀
    Mal wieder 😉

    Lieben Gruß aus Duisburg

    Jenny

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    1. Hallöchen,
      mir hat der 4. Teil auch so gar nicht gefallen, aber ich mag den Protagonisten unheimlich gern und atmosphärisch schreiben kann der Beckett ja. Ich bin froh mich aufgerafft zu haben diese Reihe weiterzuverfolgen. Hatte ja auch eine längere Hunter-Pause *g*
      Ich fand die ersten beiden Teile auch am besten…ja, und diesen hier nun auch ^^
      Bin gespannt, ob und wann dieses Buch bei Dir einzieht *g*

      Liebe Grüße aus Wien

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  2. Zunächst liebsten Dank fürs Verlinken ❤ (und auch hier nochmal ein fettes DANKE für dein mega geniales Paket – i`m in love), aber zurück zum Thema!

    Auf jeden Fall ist dieser Band besser als der 5.! Aber gar DER beste? Nee nee nee, Band 1 ist schon ziemlich rockig – wie er da aufschlägt, inmitten eines Dorfes 😀

    Ich finde auch das Beckett die Atmosphäre gut einfängt und einen gelungenen Ausgleich zwischen Hunters Arbeit und der Spannung aufbaut.
    Ich finde ja er hat ein End geschrieben bei dem wir Leser*innen schön doof zurückbleiben, weil so absolut nicht klar ist, ob es weitergeht oder nun endet.

    Hach ich beneide dich gerade um deine Worte, ich krieg das aktuell gar nicht hin und meine Rezensionen werden kürzer und kürzer – vielleicht mal auf kurz oder lang ne Blogpause oder DIE Idee um Rezensionen anders zu gestalten.

    Mukkelige Grüße :-*

    Und eine kleine Randbemerkung von einer Brillenträgerin – ich würde nicht schimpfen, wenn du irgendwann mal eine neue Schrift nutzt 😀 Ist für mich nach der Hälfte anstregened – oder etwas dunklere Farbe?
    PS: bei deiner Rezi zum Wal komme ich die Tage rum!

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  3. Wir sind uns wieder mal mega einig, dass Simon Beckett es wunderbar schafft, dem Setting eine große Rolle in seinen Büchern zu geben. Die Atmosphäre der Gegend bzw. Umgebung ist ihm total wichtig und er verbringt auch viel Zeit mit der Überlegung, WO seine Romane spielen sollen. Das hat er in der Lesung erzählt und ich finde, man merkt es seinen Büchern auch sehr deutlich an.
    Dieser aktuelle Band mit dem verlassenen Krankenhaus war wieder eine tolle Variante, weil eben wie sonst meistens der Fall, nicht die Region und die Landschaft eine Rolle spielten, sondern das verlassene Krankenhaus – ich habe das total geliebt!
    Und klar, der Rest war auch spannend, packend, tiefgründig und genau nach meinem Geschmack!
    Hab einen schönen Sonntag (und vielen lieben Dank für’s Verlinken)
    LG Gabi

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    1. Hallo Gabi,
      stimmt, Du warst ja auf seiner Lesung und da hätte ich ja gleich mal eine Frage an Dich. Du kannst Dir wohl denken welche, nämlich ob es noch weitere Hunter-Teile geben wird. Bitte, bitte sag ja!!!!

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      1. Hallo Conny,
        Simon Beckett hat zumindest nicht nein zu weiteren Bänden gesagt.
        Leider konnte das Publikum keine eigenen Fragen stellen und der Moderator hat nicht nach den weiteren Plänen mit David Hunter gefragt. Beckett hat aber definitiv NICHT gesagt, dass die Hunter-Reihe abgeschlossen wäre und es machte auch nicht den Eindruck, als würde sich Beckett nun neuen Projekten zuwenden. Deshalb gehe ich fest davon aus, dass es noch mehr Hunter-Bände geben wird. Alles andere wäre eine Katastrophe!
        Liebe Grüße
        Gabi

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        1. Also das der Moderator da nicht nachgefragt hat ist ja schon bissl unverständlich. Das ist ja, unter anderem, eine sehr wichtige Info für die Leser. Vielleicht hat Beckett auch nix gesagt weil er sonst von Euch gesteinigt worden wäre XD
          Ich hoffe jedenfalls, dass es noch viele, viele Hunter-Bände geben wird *g*

          Liebe Grüße
          Conny

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          1. Eigentlich wird immer nach dem nächsten Buch gefragt und mich interessiert das auch immer! Aber vielleicht ist Beckett da auch ein bisschen eigen und will nichts darüber sagen, bevor das Buch fertig geschrieben ist?
            Ich setzte auch darauf, dass noch viele Hunter-Bände kommen.
            LG Gabi

            Gefällt 1 Person

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