Rezensionen · Romane

Rezension „Schuldig“ von Kanae Minato ★★

Ein ruhiger Roman über Freundschaft, Trauer, Schuld, die japanische Gesellschaft und viel Essen und Kaffee. Konnte mich nur mässig begeistern.

Im Anschluß an die Rezension gibt es Links zu den Rezepten zum Buch: Kare Raisu – Japanisches Curry und Soba-Nudeln mit Gemüse, Maroni und gebratenem Tofu.

Kaffee, Essen und Schuld

Vier Freunde, ein tragisches Unglück und die Frage nach der Schuld.
Fünf Studenten aus Tokio wollen in einem abgelegenen Dorf zusammen ein paar Ferientage verbringen. Einer von ihnen, Hirosawa, kommt bei einem Autounfall auf einer kurvenreichen Bergstraße ums Leben. Drei Jahre später holt das schreckliche Ereignis die ehemaligen Studienkollegen ein. Sie erhalten anonyme Briefe, in denen sie des Mordes an ihrem Freund beschuldigt werden. Raffiniert erzählt die japanische Erfolgsautorin Kanae Minato von den zahlreichen Verkettungen, die zu dem tödlichen Unfall geführt haben, lockt den Leser gekonnt auf falsche Fährten, bis schließlich die tragische Wahrheit ans Licht kommt… (Klappentext)

© Pink Anemone

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„FUKASE KAZUHISA IST EIN MÖRDER
[…]
Diese Worte kommen nicht unerwartet. In diesem einen Satz verdichtet sich alles: meine Kommilitonen, das Alumnitreffen, West-Pop, Regen, Kaffee, Honig…“
(S. 59)

Erzählt wird aus der Sicht von Fukase, einem kleinen Angestellten in einer Firma für Bürobedarf. Fukase war immer schon in gewisser Weise Außenseiter und daran auch nicht ganz unschuldig. In seiner Studienzeit lernte er Hirosawa kennen und dieser war sein bester und auch einziger Freund, bis er bei einem Wochenendausflug tödlich verunglückte. Doch war es wirklich nur ein tragischer Unfall oder hatte hier einer der teilnehmenden Studenten, inklusive Fukase, seine Finger im Spiel?
Diese Frage zieht sich als roter Faden durch das gesamte Buch, ebenso die Außenseiterrolle von Fukase, sein ständiges Gejammere, aber auch Kaffee, Honig und Essen.

Fukase ist nicht glücklich und war es auch nie. Er ist eher unscheinbar und sehr unsicher, außer wenn er seinen Kollegen auf seine spezielle Art Kaffee brüht. Kaffee war schon immer seine Leidenschaft und der einzige Weg Aufmerksamkeit von anderen zu bekommen. In diesen Kaffee-Momenten drehte sich dann endlich alles um ihn und er genießt es. Doch plötzlich wendet sich das Blatt. Fukase lernt ein Mädchen kennen, es entwickelt sich eine Beziehung und alles scheint hervorragend zu laufen … bis seine Freundin Mihoko einen Brief erhält und in diesem steht nur ein Satz: „Fukase Kazuhisa ist ein Mörder.“ Die Vergangenheit holt Fukase ein und somit auch die Schuldgefühle, welche er jahrelang verdrängte. Schuldgefühle, die mit diesem Wochenendausflug und dem Tod seines besten Freundes begannen.

© Pink Anemone

„Ich mache einen Kaffee. Damit kann ich uns etwas Gutes tun. Das Allerbeste, was ich vermag. Der einzige Lichtblick in der finsteren Welt der Schuldgefühle.“
(S. 63)

Man darf hier keineswegs einen Roman voller Spannung erwarten. Die Story schleicht regelrecht dahin. Vor allem Kaffee und Essen nehmen sehr… sehr…viel Raum ein.
Ja, auch der Kaffee ist hier ein roter Faden. Als Kaffeeliebhaberin störte mich das jedoch keineswegs. Mich umgab während des Lesens immer eine wohlige Kaffee-Atmosphäre und ich fühlte mich, vor allem Anfangs, in der Story wohl und heimelig, roch den Duft von frisch geröstetem Kaffee und habe sicher noch nie so viel Kaffee getrunken wie während des Lesens von „Schuldig“. Die Story beginnt damit, dass Fukase von seinem Job, seinem Leben und vor allem von seiner Liebe zum Kaffee erzählt.

Dieses Buch sollte man auch nicht unbedingt mit leerem Magen lesen, denn auch das Essen ist hier ein wichtiges Thema. Mir knurrte permanent der Magen und genauso oft lief mir das Wasser im Mund zusammen. Ich esse normalerweise maximal 2-3 Mal im Jahr asiatisch, während ich „Schuldig“ gelesen habe, hatte ich permanent Lust auf japanisches Essen und ich gab nur zu oft dem Drang danach nach. Dies ist auch ein Grund, weshalb es zu diesem Buch auf meinem Blog auch gleich zwei „Rezepte zum Buch“ gibt.

© Pink Anemone

Doch auch wenn dies durchaus schön zu lesen war, bremste dieser Kaffee und all dieses Essen die Story. Ich schätze ohne diese beiden Elemente wäre das Buch nur halb so dich, sprich – es hätte dann wohl nur 150 Seiten. Es war einfach zu viel des Guten.

Zudem war mir auch Fukase nicht wirklich sympathisch. Selbstmitleid und Jammerei am laufenden Band. Zwischendurch blitzen auch immer wieder Neid und Mißgunst gegenüber anderen auf, während er sich für andere jedoch überhaupt nicht interessiert. Ich hätte ihn am liebsten mehrmals durchschütteln wollen, ihm das Curry in das Gesicht klatschen oder ihn mit Soba-Nudeln erwürgen mögen. Er nervte mich von Anfang bis Ende.
Doch auch wenn er dies tat, so kann man gleichzeitig an ihm erkennen wie die japanische Gesellschaft und Kultur funktioniert und was sie aus einem macht, wenn man nicht in dieses Bild passt. Wenn man meint man MUSS so sein, wie es erwünscht wird, um in das Gesamtbild zu passen es jedoch nicht schafft diesem Bild zu entsprechen, während alle anderen perfekt sind.

„Die anderen vier hatte etwas verbunden, bei dem er außen vor geblieben war. Beinahe hätte sich Fukase gewünscht, als Hirosawas bester Freund verdächtigt zu werden, die anonymen Briefe geschrieben zu haben…“
(S. 156)

Die Story selbst ist durchaus interessant und lässt durch Fukase tief in die japanische Gesellschaft blicken, welche schon Kindern ein festes Bild einprägt wie man zu sein hat.
Die Story regt auch zum Spekulieren an – was ist nun wirklich an diesem Wochenende passiert und ich hatte im Verlauf wirklich jeden der 4 Studenten im Visier.
Die Auflösung selbst war dann wieder so gar nicht mein Fall, während andere LeserInnen gerade davon sehr begeistert sind. Mir entlockte das Ende jedoch nur ein gelangweiltes „Aha“ mit einem enttäuschen Seufzer hinterher.

Vom Schreibstil der Autorin bin ich aber nach wie vor begeistert und auch der eher ruhige Erzählstil einer Story, die so viel Message zwischen den Zeilen enthält gefiel mir. Leider jedoch zu wenig für mich, um am Ende begeistert das Buch zuzuschlagen.

Fazit:
Nachdem ich von Kanae Minato „Geständnisse“ gelesen habe und mich dies absolut begeistert zurück ließ, hatte ich hohe Erwartungen an „Schuldig“….vielleicht waren diese jedoch zu hoch.
„Schuldig“ ist ein Roman über Freundschaft, Trauer, das Leben mit Schuld und vor allem über die japanisches Gesellschaft. Ein philosophischer und typisch japanischer Roman, der mich trotzdem nicht ganz von sich überzeugen konnte.

© Pink Anemone

© Pink Anemone

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Leseprobe

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Weitere Bloggermeinungen

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Weitere Buchinformationen

Rezensionsexemplar mit herzlichem Dank an:

 

  • Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
  • Verlag: C. Bertelsmann Verlag; Auflage: Deutsche Erstausgabe (22. April 2019)
  • Sprache: Deutsch
  • Originaltitel: „Reverse“
  • ISBN-10: 3570103676
  • ISBN-13: 978-3570103678
  • Preis: 18,00€ (Stand vom 06.06.2019)
  • Auch erhältlich als: E-Book
© Pink Anemone

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Weitere rezensierte Werke der Autorin

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Autoren-Info
© Hiroyuki Yamaguchi

Kanae Minato, geboren 1973 in Japan, begann ihre Karriere als Schriftstellerin mit dem Bestseller „Geständnisse“, der erfolgreich verfilmt wurde. Ihre Romane und Kurzgeschichten wurden vielfach ausgezeichnet.

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Rezepte zum Buch
© Pink Anemone

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© Pink Anemone

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8 Antworten auf „Rezension „Schuldig“ von Kanae Minato ★★

  1. Ich wollte deine Rezension lesen, da du ja spoilerfrei schreibst, aber dann sah ich die Wertung und nun habe ich kein einziges Wort von dir gelesen 😀 Es liegt schon hier und ich will mich nicht negativ beeinflussen lassen – mir wurde schon gesagt das es sich von „Geständnisse“ unterscheidet, aber holy, du bist null angetan – davon will ich nichts hören 😀

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    1. Oje, sorry. Ne, ich bin wirklich nicht angetan und derweilen habe ich mich so auf dieses Buch gefreut. Aber wer weiß, vielleicht siehst Du es ja wie Christin oder Diana. Den beiden hat es gefallen. Ich bin auf jeden Fall schon gespannt auf Deinen Eindruck.

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  2. Hallo da bin ich. 🙂
    Ich kann deine Meinung ja sehr nachvollziehen, mich hat diese Gejammere auch total genervt irgendwann. Aber wie du schon sagst bekommt man einen tiefen Einblick in die japanische Kultur bzw. Erziehung. Das fand ich wirklich interessant, obwohl ich Fukase auch des öfteren schütteln wollte. 😀
    Aber ich bin eine der Leserinnen, die das Ende sehr gut fand. Für mich hat das, das Buch wieder um einiges aufgewertet.
    Meine Rezension kommt nächste Woche und ich werde dich natürlich verlinken. 😉
    Mal was anderes, kennst du den Film zu Geständnisse? Ich überlege den zu gucken, bin mir aber nicht sicher, weil ich das Buch so gut fand und mir nichts verderben möchte.
    Liebe Grüße
    Diana von lese-welle.de

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    1. Hallo Diana,
      bezüglich dem Ende gehen unsere Meinungen wirklich auseinander, aber es hat trotzdem Spaß gemacht mit Euch zu lesen. Auch wenn ich gegen Ende aufgrund privatem Stress nicht mehr teilgenommen habe.
      Ich freue mich auf jeden Fall schon auf unsere nächste gemeinsame LR, wann immer diese sein wird *g*.
      Falls ich Deine Rezi versäumen sollte, stups mich einfach an und ich werde Dich liebend gerne auch verlinken. Ist ja auch für die Leser immer wieder interessant unterschiedliche Meinungen zu lesen 😉

      Liebe Grüße
      Conny

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      1. Oh ja, sag Bescheid wenn ihr nochmal ein Buch gemeinsam liest. 😀
        Okay mache ich. Aber wahrscheinlich solltest du am Mittwoch meinen Blog im Auge behalten. 😉
        :-*

        Gefällt 1 Person

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